Heimatbesuch 08/2023

Flug in die Heimat

Muheza Busstand

Voll beladen (4 große Koffer) habe ich mich mit meinem Sohn Johannes auch heuer wieder auf den weiten Weg nach Tansania gemacht – meinem Heimatland. Mein Flieger steuerte den internationalen Flughafen Mwalimu Julius Nyerere in Dar Es Salaam an, wo wir am frühen Morgen des 26. Juli 2023 sicher landeten.

Welch eine Freude von den Geschwistern schließlich am Muheza Busstand abgeholt zu werden. Die Strapazen der Flugreise und der sechsstündigen Busfahrt waren vergessen, und ich genoss es, mit einem ersten Chai (Gewürztee) und Maandazi (Mehlspeise) daheim empfangen zu werden.
Nach einer erholsamen Nacht war am nächsten Tag mein erster Gedanke zum Kindergarten hinüberzugehen. Den unbekannten „Gast“ zu begrüßen war für die Kinder Aufregung und Überraschung zugleich. Manche konnten sich vom letzten Jahr her noch an mich erinnern, manche nicht. Nachdem ich auch vom Kiga-Team herzlich begrüßt und vorgestellt worden war, dauerte es nicht lange, und ich war schon mittendrin.

Es kamen allerlei Fragen und Vorschläge von den Kindern, was wohl zuerst als Spiel an die Reihe kommen sollte. Es erübrigt sich zu sagen, dass wir schnell zueinander gefunden haben. Schon zu Beginn hat es mich fasziniert zu sehen, wieviel Lebensenergie in den Kindern steckt. Sie waren nicht zu bremsen, als ich dann am Folgetag die mitgebrachten Geschenke überreichte.

Da gab es jede Menge Sachen, die vor ihren Augen ausgebreitet wurden – Schuhe, Puppen, Autos, Puzzle, Schreibwaren etc. Obendrauf machte ich ein Spiel daraus und sang mit den Kindern dazu. Sie waren so glücklich und dankbar, wenn nicht gar stolz.

Jeder Tag war für mich besonders. Viele meiner Aktionen mit den Kids habe ich spontan gestaltet (z.B., mit den neu gekauften Trommeln das Rhythmusgefühl der Kinder wecken), oder habe im Voraus überlegt, welche Schwerpunkte ich setze, um bestimmte Inhalte zu vermitteln.

Singen, Tanzen, Spielen, Essen – spielerisches Lernen hat so viele Gesichter. Zugleich aber bemerkte ich, dass dieser Zugang des Spielerischen-Lernens noch im Hintertreffen ist.

Die mitgenommenen Zahnputzbecher vom St. Leonhard Kindergarten Graz waren auch ein highlight, und hat einmal mehr die Gelegenheit geschaffen, auf die Zahngesundheit der Kinder einzugehen. Der Morgenkreis bietet da einen guten Startpunkt in das Thema einzuführen, und auch weiterhin dranzubleiben. Überhaupt wurde der „Morgenkreis“ neu in den Mittelpunkt gerückt, weil er wertvoll für den Start in den Kiga-Tag ist.

Es liegt auf der Hand, dass mein Mittun manchen Ablauf auf den Kopf gestellt hat, aber das war gut so, weil dadurch auch vieles neu hinterfragt werden konnte. Tihamwe ist nach wie vor auf dem Weg; vieles ist im Fluss, wie täglich der Umgang mit den Kindern gestaltet und pädadgogisch aufbereitet wird.

Um abschließend noch einmal auf das Spielerische-Lernen zurückzukommen: Theoretisch mag das in den pädagogischen Colleges Teil des Lehrplans sein, die praktische Umsetzung in der Berufswelt steht auf einem anderen Blatt Papier. Guter Wille ist da. Dennoch scheint mir hier eine gewisse Diskrepanz zu bestehen. Wie kann das eingeordnet werden?

Spiele auf der Terasse

Am Ende der Kindergartenzeit der Kinder steht das Gespräch mit dem Schulpersonal der jeweiligen Primary-School. Im Grunde geht es um eine Prüfung – aus dem Stehgreif gegriffen, um die Schulreife des Kindes festzustellen. Hierbei werden (heutzutage), bedauerlicherweise, ausschließlich „messbare“ Beurteilungskriterien herangezogen, also Kompetenzen die eigentlich, wenn überhaupt, nur in einer Vorschule zu erwerben sind, d. h.: Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Persönlichkeit des Kindes, seine soziale Konstitution, sein Auftreten und altersentsprechende Reife fallen bei diesem ersten Berührungspunkt des Kindes mit der Schule nicht ins Gewicht. Das ist bedenklich, und an dieser Einstellung lässt sich so einiges ablesen, was hintergründig Denken und Herangehensweise der Schulen/ Schulbehörden bestimmt. Tihamwe versucht diesen (oft auch willkürlich praktizierten) Bildungsansatz zu entschärfen und dennoch – und gerade – die softskills der Kinder zu fördern. Es ist ein Spannungsbogen, der auch im Bericht von „Cati in Muheza“ durchscheint (siehe: tihamwe.com/blog/).

Wohin führt ein in dieser Weise aufgesetztes Schulsystem (?) – ausschließliche Betonung des kognitiven Wissens, wenn im Lebensalltag der Familien Erziehung an sich kaum stattfindet und sich oft auf Den-Kindern-zu-essen-geben beschränkt. Hier scheint eine Entwicklung seinen Lauf zu nehmen, die den Blick von den im Innersten der Gesellschaft schlummernden Herausforderungen abwendet. In diese Dinge tiefer einzutauchen, offenbart, was man als Außenstehender leicht übersieht oder vielleicht gar nicht erst wahrnimmt.

Tihamwe will den Kindern kein Wissen antrainieren. Im Gegenteil: Ja, die Kinder werden in die Welt von Buchstaben und Zahlen eingeführt, aber ohne sie zu verkopfen, gemäß ihrem Tempo, gemäß ihrer Neugier. Tihamwe ist nicht perfekt, sicher. Lebendigkeit und Tatendrang der Kinder lassen uns immer wieder staunen; dafür sind wir dankbar. Wie schön ist es zu sehen, wenn so wenig genügt, dass die Kinder aufblühen.

Als Ausblick bleibt nun abzuwarten, was die Inbetriebnahme der zwei neuen Räume, dritter Gruppenraum und Ruheraum, und die anstehende behördliche Registrierung mit sich bringen. Organisatorisch werden Veränderungen kommen – kommen müssen. Durch die Registrierung wird der Umgang mit den Behörden auch eine andere Note bekommen. Usw., usw.

 

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